Kronlastadie Stralsund


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Kronlastadie Stralsund

Kronlastadie Stralsund


Von den einstigen Stralsunder Festungsanlagen zeugen heutzutage nur noch ein kleiner Rest der Stadtmauer mit Kniepertor und Kütertor, den beiden erhalten gebliebenen von vormalig zehn Stadttoren, welche die Hansestadt einst besaß, sowie einige zu Grünanlagen umgestaltete ehemalige Bastionen. Während man landseitig noch einige Zeugnisse der Geschichte vorfinden kann, sieht es auf der seeseitigen Seite der Stadt deutlich schlechter aus. Hier wurden nach 1873 sämtliche Seetore abgerissen. Von der Existenz von Fährtor, Semlower Tor, Badentor, Heilgeisttor, Langentor und Frankentor zeugen heutzutage nur noch die Straßennamen. Auch das seeseitige Panorama der Stadt veränderte sich massiv, nachdem im Jahre 1860 die künstliche Hafeninsel aufgeschüttet wurde. Wie der Stralsunder Hafen einst aussah, kann man auf der von Johannes Staude geschaffenen Sciagraphia Civitatis Stralsundensis sehen, welche im Stralsunder Stadtarchiv aufbewahrt wird.

Wenn man diese Karte mit aktuellen Stadtplänen vergleicht, kann man gut erkennen, dass die Lastadie zwischen Badenstraße und Heilgeistraße erhalten geblieben ist. Auf dieser Karte erkennt man auch den Verlauf der einstigen Stralsunder Stadtmauer, wobei sich die Mauerstraße innerhalb der Stadtmauer befunden hat. Außerhalb der einstigen Stadtmauer wiederum befand sich nicht nur das Hafengelände mit der Stadtwaage, sondern auch das Heilgeistkloster, dessen Bauensemble noch heute existiert. Bis zur Übernahme der Stadt durch die Schweden, die nach dem Dreißigjährigen Krieg für fast zwei Jahrhunderte in den Besitz Vorpommerns gelangten, war der Bereich der Stadt ungeschützt. Um ihren neuen Besitz vor den Begehrlichkeiten anderer Mächte zu schützen, begannen die Schweden damit, Stralsund zu einer Festung auszubauen. In diesem Zusammenhang errichteten sie mehrere Bastionen, von der eine, welche sich am Sund befand, als Kronlastadiebastion benannt wurde. Der Name der Bastion vermittelt die Funktionen, welche dieser Teil der Festungsanlage besaß.

Zum einen war es der Bereich des Hafens, in denen die schwedischen Kriegsschiffe ankerten, zum anderen war es ein Teil des Hafens, der durch die mit Kanonen bestückte Bastion geschützt wurde. Hinter der schützenden Festungsanlage war nun der Platz für zahlreiche Speichergebäude, wie man sie auf der Sciagraphia Civitatis Stralsundensis gut erkennen kann. Die Schweden verschwanden, die Preußen kamen, der an die Herrschaft der drei Kronen erinnernde Namen aber blieb. Nachdem im Jahre 1815 das Königreich Preußen Vorpommern von der schwedischen Krone erwarb, fuhren die sechs im Stralsunder Hafen vor Anker liegenden Kriegsschiffe, welche die neuen Machthaber von den Schweden übernahmen, unter der preußischen Flagge. Durch diese Handlung begründete das Königreich Preußen den ersten deutschen Marinehafen. Ein paar Jahre später sollte das Angebot an Lagerflächen für die stetig wachsende Marine nicht mehr ausreichen, weshalb man den der Bau eines Kanonenschuppens beschloss, welches 1865 fertiggestellt wurde.

Dieses hat sich übrigens bis heute erhalten, mit der markanten Fachwerkfassade unterscheidet es sich deutlich von den umstehenden Gebäuden. Im Jahre 1860, also gut fünf Jahre zuvor, begann man mit der Aufschüttung der Hafeninsel, welche zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht bebaut war. Dieses erfolgte erst Jahre nach nach dem Verlust des Status als Festungsstadt. Die Wälle der Kronlastadiebastion wurden abgetragen, übrig blieb der Kanonenschuppen, der fortan als Getreidespeicher genutzt wurde. Mit der Errichtung der Speicher auf der Hafeninsel verlor der ursprüngliche Hafen an Bedeutung, an der Stelle der einstigen Festungswälle der Bastion fand man relativ einfache Lagerhäuser vor, die um den knappen Platz bestmöglich ausnutzen zu können, direkt an der Kaikante der Lastadie errichtet wurden. Bei der Sanierung des Areals, die im Juni 2010 begann, beschloss man diese Gebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzten, der ein geschlossenes Ensemble bilden sollte.

Einzig der einstige Kanonenschuppen sollte erhalten bleiben und in das neue Bauensemble integriert werden, welches man heutzutage auf der Lastadie vorfindet. Mit seinem geschlossenen Baukörper, den das neuerrichtete Gebäude darstellt, erinnert es auch rein optisch an die verlorengegangene Bastion. Von der auf dem Dach befindlichen Terrasse bietet sich ein schöner Überblick über den umgebenden Bereich des Stralsunder Hafens, wobei neben der im Jahre 1931 errichteten Querkanalbrücke, der markante Gebäudekomplex des Ozeaneums einer der Blickfänge bildet. Wer nicht nur den Ausblick von der Terrasse genießen möchte, kann dort bei gutem Wetter ein Bier in der Fritz Schirmbar zu sich nehmen. Im ehemaligen Kanonenschuppen befindet sich das Fritz Braugasthaus, im neuerrichteten Gebäudekomplex eine Filiale von GOSCH Sylt sowie ein Geschäft der LandWert-Manufakturen. Die heutige moderne Bebauung der Kronlastadie mag vieleicht etwas über die Geschichte hinwegtäuschen, es steckt aber viel mehr Geschichte in dieser Ecke Stralsund, als auf dem ersten Blick ersichtlich ist.