Rostocker Tor Ribnitz-Damgarten


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Rostocker Tor Ribnitz-Damgarten

Rostocker Tor Ribnitz-Damgarten


Es sollte eine Liebe werden, eine Liebe die sein Leben lang sein künstlerisches Schaffen stark beeinflussen sollte. Hier in der tiefsten Provinz, zudem nah an der Ostsee, fand Lyonel Feininger seine Motive. Gotische Kirchen, mittelalterliche Wehranlagen, verträumte Gassen und einsame Landschaften, es sollten lange Sommer an der Ostseeküste werden, in denen er auf die Suche nach faszinierenden Motiven ging. Mehrmals sollte auch die in Sichtweite gelegenen Städtchen Ribnitz das Ziel seiner Reise werden, das Rostocker Tor in Ribnitz das Objekt seiner Kreativität. Mit seiner 1912 entstandenen Radierung The Gate sollte ein Wendepunkt seines Schaffens eingeläutet werden. Die Architektur als dominantes Bildmotiv sollte die Menschen von seinen Werken verdrängen. Noch sind sie klein gegenüber der übermächtigen Architektur, in späteren Jahren verschwinden sie ganz, überlassen der Formensprache der mittelalterlichen Architektur ihren Platz. Feiniger hat mit dem Rostocker Tor seine Muse gefunden, ein altes backsteinernes Stadttor, welches sein weiteres Schaffen in völlig neue Bahnen lenken sollte.

Fünf Stadttore besaß die mittelalterliche Stadtbefestigung mecklenburgische Grenzstadt Ribnitz einst, übrig blieb nur das westliche Tor dessen Straße nach Rostock führte und ein paar Mauerreste. Dass Lyonel Feininger sein Motiv vorfand, ist dem Begehren der Ribnitzer zu verdanken, die sich einem geplanten Abriss des Gebäudes wiedersetzten. Der Blick auf das Stadttor stellt sich aber nicht gänzlich unberührt dar. In den 30ér Jahren führte der steigende Verkehr zu einem Abbruch des sich auf der südlichen Seite des Tores befindlichen einstigen Torwärterhauses, was man anhand von Mauerresten noch erkennen kann. Auch eine Bausünde aus den 60ér Jahren ist in der Struktur des Mauerwerkes ersichtlich. Damals ließ man zwar das Stadttor stehen, vergrößerte aber die Tordurchfahrt. Bei einer grundlegenden Sanierung des Gebäudes im Jahre 1981 wurde der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt und dem Tor sein historisches Aussehen wiedergegeben.

Dieses ist in seiner Formgebung relativ schlicht gehalten. Mit Ausnahme der spitzbogigen Zierblendenreihen in den oberen Geschossen und den Fialen an den Ecken des Tores findet man keine nennenswerten Schmuckelemente vor. Gekrönt wird das im Grundriss quadratische Tor durch ein kleineres achteckiges Abschlussgeschoss mit einem pyramidenförmigen Dach, welches wie die darunterliegenden Geschosse über spitzbogige Blenden als Schmuckelemente verfügt. Gut sichtbar, durch die weiße Farbgebung der Zierblenden, sind die einstigen Schießscharten, von wo aus die Verteidiger der Stadt ihre Angreifer abwehren konnten. Das heutige Rostocker Tor ist zwar nicht mit dem im Jahre 1290 erwähnten Bauwerk identisch, errichtet wurde es schließlich um das Jahr 1430 herum, gehört daher nicht zu den ältesten Stadttoren Mecklenburg-Vorpommerns, dank Feiningers künstlerischer Leidenschaft dürfte es sich wohl aber um das bekannteste Exemplar handeln.