Festung Dömitz


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Festung Dömitz

Festung Dömitz


Allzu viel Abwechslung hatte die Gefängnisküche nicht zu bieten. Von Montag bis Samstag bestand das Essen aus einer Suppe, deren Hauptbestandteile Wasser und Kartoffeln waren. Je nach Wochentag variierten die weiteren Zutaten der Suppe. Mal waren es Graupen, mal waren es Erbsen, welche für die Abwechslung auf dem Speiseplan zuständig waren. Nur der Sonntag bot den Gefangenen etwas Abwechslung beim Essen, denn dann wurden die Kartoffeln ausnahmsweise mal nicht in Suppenform serviert und ein viertel Pfund Fleisch dazu gereicht. Ansonsten bestanden die täglichen Rationen aus Brot und Käse, ein Krug Bier zum Mittag stellte den einzigen Luxus dar, den man den Insassen gönnte. Aus der grauen Masse der kulinarisch nicht gerade verwöhnten Gefangenen der Festung Dömitz ragt ein Mann hervor, der seiner einjährigen Festungshaft ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Dank Fritz Reuter und seinem autobiografischen Roman Ut mine Festungstid, in dem er das Leben auf der Festung schildert, kann man sich heute ein gutes Bild vom tristen Alltag der Gefangenen machen.

Heute erinnert nur noch eine kleine Ausstellung an den Aufenthalt des bekanntesten mecklenburgischen Dichters, der wegen Hochverrat zu dreißig Jahren Festungshaft verurteilt wurde, das siebente Jahr davon in Dömitz verbrachte, bevor er begnadigt wurde und ein bescheidenes Leben als Lehrer und Schriftsteller führte. Die Geschichte der Festung Dömitz wäre aber verkürzt dargestellt, wenn man den Fokus auf das eine Jahr setzt, in dem Fritz Reuter hier inhaftiert war, denn diese beginnt schon einige Jahrhunderte früher. Die günstige Lage am Ufer der Elbe bewog schon die Slawen zum Bau einer Wallburg an der Stelle, an der im Laufe der Geschichte eine Burg entstehen sollte. Zu dieser Zeit gehörte der Landstrich zur Grafschaft Dannenberg, die zu den fünf Grafschaften gehörte, welche Heinrich der Löwe begründete, der mit diesen die nordöstlichen Grenzen seines Herrschaftsgebietes sichern wollte. So lässt sich erklären, warum ein Graf von Dannenberg für die Gründung der Stadt Dömitz verantwortlich war, die im Schutz der Burg entstand, die als Zollstelle der Grafen fungierte.

Nach längeren Gebietsstreitigkeiten gelangte im Jahre 1376 der Landstrich endgültig zum Herzogtum Mecklenburg. Unter Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg wurde das Land mit mehreren Festungsbauten gesichert. Auch die kleine Burg an der Elbe wurde als Standtort für eine Festung auserkoren. Um Platz für den Neubau zu schaffen, musste die Vorburg abgerissen und der Wassergraben verfüllt werden, bevor die Vermesser die Umrisse der neuen Festungsanlage festlegen konnten. Für die Arbeiten engagierte Herzog Johann Albrecht I. den italienischen Festungsbauer Francesco a Bornau, der einige Fachleute mitbrachte. Die Festung hatte fünf Ecken aufzuweisen, an deren Ende jeweils eine Bastion zu finden war. Heutzutage kann man aufgrund des umgebenden Baumbestandes die Tatsache nicht mehr erkennen, dass drei der Bastionen so positioniert waren, dass man von jeder Bastion eine der drei Straßen überblicken konnte, die in Dömitz in Richtung der Festung führten. Interessanterweise hat jede der Bastion einen Namen erhalten. Man betritt die Festung durch Kavalier, links und rechts sind Held und Burg, vom Drachen aus hat man den besten Blick auf die Elbe und der Greif ist im Norden der Anlage zu finden.

Das Material für den Festungsbau fand man in der näheren Umgebung. Aus den Lehm wurden vor Ort die benötigten Ziegel gebrannt, mit denen die inneren und äußeren Mauern der Festung errichtet wurden. Verfüllt wurden diese beim Fundament und der unteren Hälfte der Mauer mit Felssteinen und Raseneisensteinen, während man die obere Hälfte mit einem durchgehenden Mauerverband errichtete. Aber auch Sandstein fand seinen Platz auf der Festung. Mit Lastkähnen brachte man das aus dem Elbsandsteingebirge stammenden Material die Elbe flussabwärts, wo er unter anderem beim Eingangsportal Verwendung fand. Hier kann man noch heute das mecklenburgische und das brandenburgische Wappen sehen, mit denen der Herzog sich und seine aus Brandenburg stammende Gemahlin Anna Sophia eindrucksvoll verewigen ließ. Das Hohe Haus, in dem der Herzog bei seinen Aufenthalten in Dömitz residierte, findet sich baulich im Kommandantenhaus wieder, in dem es aufgegangen ist. Noch heute wird dieser Gebäudeteil als Turm bezeichnet, an dem man ein Rautenmuster aus schwarzen Backsteinen erkennen kann, welches eine mittelalterliche Herkunft des Mauerwerks belegt, welches im 15. Jahrhundert seine Verbreitung in Mecklenburg fand.

Aufgrund der Befunde wurde das Gebäude als Torhaus identifiziert, durch das man einst in die Burg gelangte. Auch im Keller findet man noch mittelalterliche Gemäuer. In der Mitte des 17. begann man das freistehende Haus mit dem benachbarten Bleiturm zu verbinden, um für den Herzog ein Wohnhaus zu schaffen, da die Festung im Dreißigjährigen Krieg beschädigt wurde. Mecklenburg hatte zwar versucht neutral zu bleiben, aufgrund seiner Lage wurde es aber in die Kriegswirren hineingezogen, sodass die Festung erst von den kaiserlichen Truppen und später von den Schweden erobert wurde. So waren die mecklenburgischen Herzöge genötigt, nach Kriegsende viel Geld in die Hand zu nehmen, um die Zerstörungen auf der Festung wieder zu beseitigen. Aus der Zeit des Umbaus stammt das große Treppenhaus im Kommandantenhaus, dessen aufwendige Bemalung aber nicht mehr zu erkennen ist. Herzog Karl Leopold sollte einige Jahre auf der Festung verbringen, die er für sich als Residenz auserkoren hatte. Viel Glanz brachte der unglückselige Herzog aber nicht mit nach Dömitz. Der entmachtete Regent starb letztendlich als verbitterter alter Mann auf der Festung, die er wohl nicht völlig freiwillig bewohnte.

Freiwillig dürften auch die Insassen des Irrenhauses und des Gefängnisses nicht hier gewesen sein, welche seit dem Jahre 1705 auf der Festung zu finden waren. Wenige Jahre nach dem Tod des Herzogs begann man die besagten Einrichtungen zu erweitern, wobei man die Irrenanstalt im Jahre 1830 nach Schwerin umsiedelte und die Festung nur noch als Gefängnis nutzte. Hierzu nutzte man das einstige Korn- und Brauhaus, welches man für diesen Zweck umbaute. Dieses befand sich gegenüber dem Komandantenhaus, ist nicht erhalten geblieben, sodass der Hof im Festungsinneren eine offene Seite vorzuweisen hat. Die gesamte Festungsanlage war inzwischen aber so vernachlässigt worden, dass sie keinen ernsthaften Schutz mehr darstellte, weshalb die napoleonischen Truppen die Festung Dömitz im Jahre 1809 relativ einfach einnehmen konnten. Großherzog Friedrich Franz II ließ daher die Festung umfangreich sanieren. Bei dieser Gelegenheit veränderte sich das Aussehen der Bastion Drache, die im Gegensatz zu den anderen vier Bastionen keine gemauerten Flanken, sondern steile Erdböschungen aufzuweisen hat. Auch die Mauer mit Zugbrücke und Schießscharten wurde bei diesem Umbau realisiert.

Im Jahre 1894 gab man die Festung auf und nutzte diese nur noch für zivile Zwecke. Das Zuchthaus wurde abgerissen, in den anderen Gebäuden waren unter anderem Wohnungen zu finden. Im Jahre 1953 eröffnete dann ein Heimatmuseum, welches sich mit der Geschichte des Ortes und der Festung beschäftigte. Das änderte sich, aber nachdem die Festung Dömitz im Sperrgebiet der deutschen Grenze lag, zumindest bis zum Jahre 1975, als die Festung im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs wieder besucht werden konnte. Nach der Wende begann man damit, die unter Denkmalschutz stehende Festungsanlage zu sanieren und das Gelände für Veranstaltungen zu nutzen. Auf dem Standort des einstigen Zuchthauses befindet sich nun eine Freilichtbühne auf der den Besuchern neben Konzerten auch Theateraufführungen geboten werden. Auch das Informationszentrum des Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe hat im einstigen Zeughaus seinen Platz gefunden. Hier und in den Kasematten der Bastion Greif kann man sich nun über die Flora und Fauna des Biosphärenreservats informieren.

Adresse Auf der Festung 3 – 19303 Dömitz
Internet www.festung-doemitz.com