Wasserkunst Wismar


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Wasserkunst Wismar

Wasserkunst Wismar


Vom den früheren Lebensverhältnissen in den Städten zeugen heutzutage nur noch sehr wenige Baudenkmale. Die mittelalterlichen Stadtbefestigungen sind zum Großteil verschwunden, die meisten Wohnhäuser sind verloren gegangen, allein die großen Stadtkirchen zeugen vom einstigen Reichtum vergangener Epochen. Unter welchen Bedingungen die Menschen aber leben mussten, vermitteln die backsteinernen Zeugen der Geschichte aber nicht. Dass man in Wismar doch noch etwas mehr entdecken kann, als in anderen Städten Mecklenburg-Vorpommerns möglich ist, haben wir dem niederländischen Baumeister Philipp Brandin zu verdanken, der durch dem Bau der Wismarer Wasserkunst nicht nur die Bevölkerung mit frischem Wasser versorgte, sondern auch die bekannteste Sehenswürdigkeit der Hansestadt Wismar errichten sollte. Einige Spuren von ihm findet man auch im übrigen Mecklenburg-Vorpommern wieder, so stammt unter anderem ein Teil der Inneneinrichtung der Schweriner Schlosskirche, das marmorne Grabmal der letzten Äbtissin des Ribnitzer Klosters, der Nordflügel des Güstrower Schlosses sowie die dortige Domschule von ihm. Auch in Wismar hinterließ er mit dem Schabbellhaus, in dem sich heutzutage das stadtgeschichtliche Museum befindet, ein weiteres Bauwerk.

Wenn man sich die Wasserkunst einmal genauer betrachtet, findet man an dieser einige Inschriften, die etwas über die Geschichte des Bauwerks verraten. Wie auch in anderen Städten an der Ostseeküste bekamen die Wismarer Bürger irgendwann ein Problem mit ihrer Wasserversorgung. Die wenigen Brunnen, die innerhalb der Stadtmauern zu finden waren, reichten für die durch die Handelsaktivitäten stark anwachsende Bevölkerungszahl nicht aus. Auch die Qualität des geförderten Wassers ließ zu wünschen übrig, da dieses durch die vorhandenen Kloaken verunreinigt wurde. Auch das Wasser der Grube reichte bei weitem nicht aus, um den wachsenden Bedarf der Stadt zu decken. Wer von den Bürgern genug Geld hatte, ließ sich von Händlern Wasserfässer ins Haus liefern, da deren Inhalt zudem qualitativ höherwertiger war. In der Mitte des 16. Jahrhunderts begann man sich Gedanken über eine bessere Wasserversorgung der Bevölkerung zu machen. Im Jahre 1570 sollte zum ersten Mal das Wasser aus den Quellen von Metelsdorf durch die hölzerne Wasserkunst fließen, die aber nicht lange Bestand haben sollte.

An dieser Stelle kommt nun Philipp Brandin ins Spiel, der von der Bürgerschaft beauftragt, einen neuen Brunnen konstruieren sollte. Dass er statt Holz Steine als Baustoff verwenden wollte, gefiel den Bürgern zunächst nicht, so dass sich die Errichtung der neuen Wasserkunst, die nun ihren Platz auf dem Marktplatz finden sollte, immer länger hinauszögerte. Letztendlich entschieden sich die Verantwortlichen für einen gemauerten Brunnen, der nicht nur eine längere Lebensdauer besitzen würde, sondern auch repräsentativer wirken würde. Diese Entscheidung fiel nur etwas spät für Philipp Brandin, der den Bau aufgrund seines Todes nicht mehr vollenden konnte. Dieses bewerkstelligte der Baumeister Heinrich Dammert aus Lübeck, wobei sich nach Angaben des Stadtarchives nicht zweifelsfrei belegt werden kann, ob er den Bau nach den Originalplänen errichtete oder Änderungen vornahm. Im Jahre 1602 sollte die Wasserkunst endlich in Betrieb gehen und bis zum Jahre 1897 die Versorgung der Wismarer Bevölkerung mit Trinkwasser sichern.

Bis zur Außerbetriebnahme der Anlage wurde das von außen in die Stadt geleitete Wasser zur Wasserkunst geleitet, von wo aus mehrere Stränge in die verschiedenen Quartiere der Stadt führten. Diese führten zum Teil in die Häuser wohlhabender Bürger, nach Angaben der Stadt waren es an die zweihundertzwanzig Haushalte, die sich den Luxus dieser Wasserleitung leisteten, zum anderen zu öffentlichen Brunnen, an denen die ärmeren Bevölkerungsschichten ihr Wasser holen konnten. Während die Lieferungen ins Haus kostenpflichtig waren, konnte man das Wasser aus den öffentlichen Brunnen umsonst erhalten. Dieses floss zum Teil aus für einige Leute etwas zu obszön anmutenden Figuren, wie die im Schabbelhaus ausgestellten Originale der beiden Figuren von Nix und Nixe, beziehungsweise die am Brunnen befindlichen Kopien beweisen, die bei der Sanierung im Jahre 1998 wieder angebracht wurden.

Auch heutzutage hat der zwölfeckige Sandsteinbau mit seiner großen Kupferhaube, welche eine sechseckige Laterne krönt, keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr. Im Gegensatz zum Alten Wasserturm, der nach dem Nordischen Krieg als Ergänzung in einem ehemaligen Wehrturm errichtet wurde, lockt die Wasserkunst aber Jahr für Jahr die Besucherströme in ihre die Eckte des Platzes, der mit einem Hektar Fläche der größte Marktplatz Norddeutschlands ist. Wenn man sich die filigrane Handwerksarbeit des Bauwerkes einmal etwas genauer anschaut, dürften die Wismaraner heutzutage froh sein, dass sich die Stadtväter seinerzeit gegen eine billige Lösung entschieden haben. Schließlich besitzen sie mit ihrer Wasserkunst das wohl schönste Exemplar in ganz Deutschlands.