Museumshaus Stralsund


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Museumshaus Stralsund

Museumshaus Stralsund


Bei einem Spaziergang durch die historische Altstadt von Stralsund könnte man das Museumshaus fast übersehen, denn der Abschnitt der Mönchstraße, an dem sich dieses Haus befindet, gehört zur der belebten Einkaufsmeile von Stralsund, welche vom Neuen Markt über den Appolonienmarkt und der Ossenreyerstraße zum Alten Markt mit dem berühmten Rathaus führt. Falls man sich für die Baugeschichte und die Nutzung mittelalterlicher Kaufmannshäuser interessiert, sollte man sich dieses architektonische Kleinod etwas genauer anschauen, welches nach einer gründlichen Sanierung seit dem Jahre 1999 eine Außenstelle vom Kulturhistorischen Museum ist.

Man sieht es dem Stralsunder Museumshaus nicht unbedingt an, aber aufgrund seiner erhalten gebliebenen Bausubstanz gehört dieses Haus zu den ältesten Gebäuden in der Hansestadt Stralsund. Um die ältesten Teile des Hauses zu gehen, muss man sich in den Keller begeben. Hierher gelangt man über eine engen und recht steilen Treppe, die über eine Falltür von der Diele aus nach unten führt. Der Keller des Museumshauses fällt von seiner Höhe recht niedrig aus. Ursprünglich lag das Niveau des Fußbodens etwa einen halben Meter tiefer, durch später erfolgte Aufschüttungen kann man die eigentlichen Fundamente der hölzernen Stützen nicht mehr sehen, welche auf größeren Findlingen ruhen. Die Decke an sich ist eine sogenannte Holzbalkendecke, welche auf hölzernen Unterzügen ruht. Die Deckenkonstruktion ist aber nur noch zum Teil im Original erhalten geblieben ist, große Teile mussten im Laufe der Jahrhunderte ausgetauscht oder verstärkt werden. Die Teile welche aus der Zeit der Erbauung des Hauses erhalten geblieben sind, weisen verschiedene Handelsmarken auf, mit denen die einstigen Holzhändler ihre Waren markiert hatten.

Erhalten geblieben sind aber die Brandmauern des Hauses, welche aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts stammen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausführung der nördlichen und südlichen Brandwand kann man verschiedene Bauphasen erkennen. Das nördliche Nachbarhaus, mit welchem das Museumshaus sich die Brandmauer teilte, war seinerzeit schon errichtet worden, als mit dem Bau dieses Hauses begonnen wurde. Die südliche Brandmauer wurde daher gemeinsam mit dem anderen Nachbarhaus errichtet. Während die südliche Brandmauer flache und breite Korbbögen besitzt, weist die nördliche Brandmauer recht tiefe Nischen auf, welche auch als eine Art Wandschrank genutzt wurden. Der einstige Kellerzugang über die Straßenseite wurde zugeschüttet, bei der Sanierung des Hauses konnte die Existenz dieses einstigen Zugangs durch Ausgrabungen festgestellt werden.

Beim Eintritt in das Haus wird man aber zuerst in die sogenannte Diele gelangen, welche seinerzeit der Mittelpunkt des Hauses war. Hier wurden früher die Waren entgegengenommen und in die oberen Lagerräume transportiert. Wenn man den Blick nach oben richtet, kann man auf der Höhe der Falltür, welche in den Keller führt, eine Deckenöffnung sehen, durch die die Waren nach oben gezogen wurden. Im obersten Stockwerk des Hauses blieb der Lastenkran erhalten, der noch aus der Zeit des Mittelalters stammt und zu den wenigen erhaltenen Exemplaren gehört, welche heutzutage noch erhalten geblieben sind. Die Diele des Museumshauses war ursprünglich viel größer, durch im 17. Jahrhundert errichtete Einbauten hat sich die Fläche deutlich verkleinert. Aus dieser Zeit stammen auch die beiden zur Straßenseite errichteten Utluchten, von denen die der ebenerdige Teil der südliche Utlucht für den Verkauf der Waren gedacht war.

Die anderen der neu hinzugewonnenen Teile des Hauses nutzte man seit dieser Zeit für Wohnzwecke, da die Funktion des Speicherhauses durch die Einbauten aus dieser Zeit sich etwas veränderte. Wurde in früheren Zeiten die Waren in der Diele des Hauses feil geboten, nutzte man den neu errichteten Kramladen in der südlichen Utlucht für diesen Zweck. Wohne man während des Mittelalters im sogenannten Kemladen, der als Flügel auf dem Hof stand, waren nun auch die erste Etage des Hauses Wohnräume untergebracht, während die obersten Etagen weiterhin als Lagerräume fungierten. Die ursprünglichen Ausmaße der Diele kann mit Hilfe von Malereien erkennen, welche bei der Sanierung großzügig freigelegt wurden. Diese Malereien sind schwarze und weiße Ranken, welche auf einem roten Untergrund aufgebracht worden sind und aus dem Jahre 1680 stammen. Die Einbauten, welche die Diele verkleinerten stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, als weitere Einbauten im Vorderhaus errichtet wurden, damit dieses für Wohnzwecke genutzt werden konnte.

Ein früher in Stralsund weit verbreiteter Einbau ist der erhalten gebliebene Wandschrank in der Diele. Dieser wurde aber erst im 19. Jahrhundert im Museumshaus eingebaut. Erhalten geblieben sind in diesem neben der Barocken Deckenmalerei auch die Wandmalereien aus der Zeit des Rokoko , welche ursprünglich an der gesamten Wand der Diele vorhanden waren, hier aber durch den Schutz des Einbauschrankes noch erhalten geblieben sind. Sichtbar sind die Halterungen für Einlegeböden aus der zeit als der Einbauschrank als ein solcher genutzt wurde. Ursprünglich diente er aber als Toilette, wo man sitzend auf einem Brett seine Notdurft in einem darunter befindlichen Eimer erledigte.

In der ersten Etage kann man dann verschiedene Räume besichtigen, die aus unterschiedlichen Epochen stammen. Als man im Jahre 1680 die beiden Utluchten zur Straßenseite errichtete, verlegte man das ursprünglich in der Diele des Hauses beheimatete Kontor in die obere Etage der südlichen Utlucht und gestaltete diese dementsprechend aufwendig. Auffällig sind die Wandvertäfelungen auf mehreren Seiten des Raumes und ehemals vorhandene Falttüren zur östlich dahinter gelegenen Stube. Im Kontor befindet sich auch ein an die Wand klappbarer Tische, den man so hinter der Täfelung verbergen konnte, falls man mehr Platz brauchte und dabei auch die Falttüren zum dahinter gelegenen Raum öffnete. Dieser Raum diente im Laufe der Jahrhunderte als sogenannte Gute Stube des Hauses, was auch später aufgebrachte Tapeten belegen. Die ursprünglich vorhandene Holzvertäfelung des Raumes trat erst bei der aufwendigen Sanierung des Hauses wieder zutage. Bis dahin versteckte sich diese mittelalterliche Wandverkleidung hinter einer Verschalung und zahlreichen Tapeten.

Neben dem Kontor befindet sich eine Schwarzküche, einem fensterlosen Raum, in welchem bei einem Umbau eine Küche eingerichtet wurde. Schwarzküchen waren in den Stralsunder Bürgerhäusern weit verbreitet, aufgrund der starken Ablagerungen durch den auf den Feuerstellen entstandenen Ruß erhielten diese Art von Küchen den bezeichnenden Namen. Daß der Raum ursprünglich einmal ein Teil der mittelalterlichen Diele des Hauses war, kann man an den freigelegten Malereien an der südlichen Zimmerwand sehen, mit welchen die gesamte Diele einmal gestaltet wurde.

In der nördlichen Utlucht befindet sich auf dieser Etage eine weitere Stube, welche seit dem Ende des 19. Jahrhunderts durchgängig als Wohnung genutzt wurde. Hier wurden bei der Sanierung zahlreiche Tapeten entdeckt, welche im Laufe der Jahrhunderte übereinander tapeziert wurden. Zu der Wohnung, welche hier einmal existierte, gehörte eine Küche, welche aus dem 20. Jahrhundert stammt, sowie eine kleine Kammer, welche als Schlafraum diente. Die ehemalige Nutzung der ehemaligen Wohneinheit kann man bei einem Besuch gut nachvollziehen, denn in der Stube findet man Möbel aus der Zeit des Biedermeier wieder und die Schlafkammer ist historischen Möbelstücken aus dieser Zeit ausgestattet.

Die oberen Etagen des Stralsunder Museumshauses sind noch als Speicher erhalten geblieben. Hier kann man bei dem Rundgang durch das Haus etwas über die Gestaltung der Fußböden lernen. Während die Böden in der Galerie einfache Holzkonstruktionen waren, welche von der Unterseite bemalt wurden, findet man in anderen Bereichen des Hauses sogenannte Lehmstakendecken vor. Bei dieser Konstruktion werden sogenannte Staken mit Nuten zwischen die Vorhandenen Deckenbalken geschoben. Die Staken wurden wiederum mit Lehm und Stroh umwickelt. Die Unterseite wurde mit Lehm entweder glatt ausgestrichen, wie es in der Guten Stube zu sehen ist, oder als eine Art Gewölbe geformt, wie man es in der nördlichen Schlafkammer gut sehen kann. Die Oberseite der Konstruktion wurde mit Lehm bestrichen und mit einer Dielung versehen. Die Lehmstakendecken hatten durch diese Konstruktion gleich mehrere Vorteile. Zum Einen war die dadurch resultierende Wärmedämmung deutlich besser als bei einfachen Holzfußböden, zum Anderen besteht eine sehr gute Tritt-Schall-Dämmung.

In den Lagerräumen des Museumshauses findet man auf den Schautafeln viele Informationen über die Lagerung von Waren und die Konstruktion der Wohnspeicherhäuser, wobei auf die verwendeten Baustoffe und speziellen Vorrichtungen eingegangen wird. Unter anderem erfährt man wie das aufgefangene Regenwasser über eine Schottrinne abgeleitet wurde. Auch andere Teile der mittelalterlichen Dachkonstruktion kann man in einem Schaukasten sehen. So wurden die Dachziegel durch ihre Produzenten mit einem Stempel versehen, durch die man diese Ziegelei feststellen kann. So fand man bei der Sanierung noch einige Dachziegel, welche seinerzeit in der Gegend von Lübeck produziert wurden, welche man unter anderem auch für die Errichtung des Lübecker Kirchen verwendete.

Bei einem Besuch der Museen und Austellungen in der Hansestadt Stralsund sollte man das Museumshaus in der Mönchstraße 38 nicht vergessen. Aufgrund seiner Baugeschichte ist es kulturhistorisch sehr interessant. Da der Keller und die oberen Räumlichkeiten des Museumshauses nur über die ursprünglich vorhandenen Treppen zu erreichen sind, wenn man einmal von den neuen Treppen im Hinterhaus einmal absieht, ist das Museumshaus in Stralsund aber nicht barrierefrei.

Adresse: Mönchstraße 38 – 18439 Stralsund
Öffnungszeiten: von Februar bis Oktober: Monag bis Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr und von November bis Januar: Dienstag bis Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr