Museumsspeicher Stralsund

Museumsspeicher Stralsund
Museumsspeicher Stralsund

Das Kulturhistorische Museum der Hansestadt Stralsund besitzt neben dem Haupthaus im Katharinenkloster mehrere Außenstellen. Neben dem Marinemuseum auf dem Dänholm und dem Museumshaus in der Mönchstraße gehört auch der große Museumsspeicher in der Böttcherstraße dazu, welches sich sich in unmittelbarer Nähe der Jakobikirche befindet und daher auch leicht zu finden ist. Der in der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtete Speicher wurde Anfang des 19. Jahrhundert mit einem hinteren Anbau ergänzt, was man an der Gestaltung der Außenwand des Gebäudes gut erkennen kann. Die frühere Nutzung des Museumsspeichers als Getreidespeicher kann man auch heute noch an dem auf der Südseite erhalten gebliebenen Lastenaufzug sehen, mit welchem früher die Getreidesäcke in die höheren Speicherebenen transportiert wurden.

Bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde hier noch Getreide eingelagert. Einer der letzten Nutzer des Speichers war bis zum Anfang der 70er Jahre die Handelsorganisation der DDR, bevor das stark heruntergekommene Speichergebäude im Jahre 1984 zum Kulturhistorischen Museum kam. Zwei Jahre dauerten die Sanierungsarbeiten, bis im Jahre 1986 die ersten Ausstellungsräume für die Besucher geöffnet werden konnten. Im Inneren des Museumsspeichers kann man an den erhalten gebliebenen massiven Balkendecken heutzutage noch gut erkennen, welche große Lasten die einstigen Speicherböden früher einmal aufnehmen mussten. Interessanter als das Gebäude, welches im Verhältnis zum Museumshaus relativ schlicht ausfällt, ist die im Stralsunder Museumsspeicher befindliche Ausstellung, welche sich mit den früheren Lebensweisen und Tradionen in der Region Vorpommern beschäftigt.

In der Ausstellung des Museums erhält man einen Einblick über verschiedene Handwerkwerksberufe. Dafür wurden die Werkzeuge repräsentativer Handwerker zusammengetragen und wie in einer Werkstatt arrangiert, so dass man gut sehen kann, wie die Arbeitsbedingungen früherer Handwerker einmal gewesen sein müssen. Unter anderem sieht man die Werkzeuge einer Schmiede, eine vollständige Drechslerei, eine Töpferei sowie eine Weberei mit einem großen Webstuhl. Das Interessante an der Präsentation der Handwerke ist die Verbindung mit ihren hergestellten Produkten. Die verschiedenen Handwerke gab es zwar auch in anderen Regionen Deutschlands, die Produkte waren aber regional unterschiedlich und besaßen zum Teil lange Traditionen, welche unverkennbare Form- und Farbgebungen hatten.

Man sieht aber auch den Niedergang einzelner Handwerke, welche sich zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht gegen die mit der Industrialisierung aufkommenden billigen Produkten konkurrieren konnten. So stellten die Stralsunder Töpfer seinerzeit hauptsächlich billiges Kochgeschirr und tönerne Vorratsbehälter für die bäuerliche Bevölkerung der Region dar. Eine Ausnahme bildete die berühmte Stralsunder Fayencenmanufaktur, welche aber schon im Jahre 1792 geschlossen wurde. Die Drechsler der Hansestadt Stralsund stellten neben den üblichen Produkten des täglichen Bedarfs auch kunsthandwerkliche Produkte wie beispielsweise Holzspielzeug her, welches man in der Spielzeugabteilung des Museum sehen kann, sowie Artikel welche für das regional verbreitete Brauchtum benötigte, wie beispielsweise Abschussvögel, welche bei den dörflichen Schützenfesten für das beliebte Vogelschießen benötigt wurden.

Beim Schmiedehandwerk geht das Kulturhistorische Museum auf die Tradition der Landschmiede ein, welche hauptsächlich Produkte für die Landwirtschaft herstellten und nebenbei auch die Pferde beschlugen. Nebenbei fertigten einige Schmiede in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aber auch schmiedeeiserne Grabkreuze, von denen man im Stralsunder Museumsspeicher einige erhalten gebliebene Exemplare finden kann. Diese Form von Grabkreuzen waren in Vorpommern zu dieser Zeit eher selten, verbreitet waren in der Region hauptsächlich einfache Holzkreuze und Grabsteine aus Sandstein. Da Ende des 19. Jahrhunderts industriell hergestellte gusseiserne Grabkreuze aufkamen, konnten damit die aufwendig gestalteten Produkte der Schmiede nicht konkurrieren. Konkurrieren konnten die einheimischen Weber mit den in Fabriken hergestellten Stoffen auch nicht, so starb auch dieser Beruf in der Region aus, wenn man von einer Ausnahme absieht. Diese ist die Produktion der Freester Fischerteppiche seit dem Jahre 1928 in den Fischerdörfern Freest und Lubmin eingeführt wurde. Diese kunsthandwerklich hergestellten Teppiche besitzen hauptsächlich maritime Motive mit Fischen. In der Ausstellung des Museums findet man eine Auswahl an verschiedenen Freester Fischerteppichen, welche den Formenreichtum der verwendeten Motive belegen.

Einen Schwerpunkt hat der Stralsunder Museumsspeicher auf die Darstellung der früheren Lebensverhältnisse auf dem Mönchgut und der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, welche sich deutlich unterscheiden. Während die Bewohner auf dem Darß sich einen gewissen Reichtum mit der Seefahrerei schaffen konnten, den man in der aufwendiger gestalteten Guten Stube sehen kann, in welchen man die bekannten englischen Hunde finden konnte, die ein beliebtes Souvenir der Seefahrer waren. Der Stil der Möbel spiegelt moderne Trends wieder, die aus dem Empire und Biedermeier entlehnt waren. Die Möbel selbst waren mit vielen geschnitzten Verzierungen geschmückt und besaßen zum Großteil Sitzpolster. Zu sehen ist auch eine Küche aus dem 19. Jahrhundert, welche die seinerzeit gebräuchlichen Küchengeräte und Utensilien wie beispielsweise eine originale Butterwiege zeigt. Auffällig ist auch das Vorhandensein von englischem Steingut, was ein offensichtlicher Ausdruck des früheren Wohlstandes war.

Gegen die Darßer Stube wirkt die Mönchguter Dönz, wie man auf dem Mönchgut diesen Raum bezeichnete, doch recht ärmlich. Die ausgestellten Möbel sind recht schlicht und und weisen so gut wie keine Schmuckelemente auf. Die Möbel stammen zum Teil aus eigener Produktion. Produziert wurde aber auch in der Dönz selbst, da dort im Winter der Webstuhl aufgestellt wurde, mit dem die bekannte Mönchguter Trachten in Heimarbeit hergestellt wurden. Von diesen Trachten findet man eine große Auswahl, welche von einfacher Alltagskleidung bis hin zu Ausgehtracht reicht, mit der mein seinerzeit am Sonntag in die Kirche gegangen ist.

Im Erdgeschoss des Museums findet man eine Präsentation von historischen Spielzeugen, welche in Vorpommern verbreitet waren. Unter anderem kann man hier eine Auswahl von liebevoll gestaltete Puppenstuben sehen, welche von einheimischen Tischlermeistern hergestellt wurden. Dazu kommen einige historische Puppen und Plüschtiere, sowie etliches Spielzeug, mit welchem wohl fast alle hiesigen Kinder zu der DDR-Zeiten gespielt haben. Im hinteren Teil des Erdgeschosses befinden sich zudem eine große Galerie, in welcher die Sonderausstellungen des Museumsspeichers präsentiert werden. Da die oberen Etagen des Museums nur über eine Treppe zu erreichen sind, ist der Museumsspeicher in Stralsund nicht barierrefrei. Die Öffnungszeiten des Museumsspeichers sind mit denen vom Haupthaus im Katharinenkloster identisch.

Adresse: Böttcherstraße 23 – 18439 Stralsund
Öffnungszeiten: von Februar bis Oktober: Monag bis Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr und von November bis Januar: Dienstag bis Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr