Schloss Schwerin


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Schweriner Schloss

Schweriner Schloss


Georg Adolf Demmler hatte es wahrlich nicht leicht mit seinem überkritischen Auftraggeber, von dem er seinen wohl wichtigsten Auftrag seines Lebens bekam. Der neue Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin wünschte sich nach seiner Tronbesteigung ein neues repräsentatives Residenzschloss an der Stelle des alten und inzwischen baufällig gewordenen Gebäudeensembles, welches bis dahin auf der Schweriner Schlossinsel zu finden war. Das aus verschiedenen Gebäuden unterschiedlicher Bauepochen bestehende Schloss war im Vergleich zum Schloss Ludwigsburg nicht mehr repräsentativ genug und sollte einem ihm gefälligeren Bauwerk weichen. Dieser Auftrag wäre eigentlich kein ernsthaftes Problem Schüler von Karl Friedrich Schinkel gewesen, bisher waren seine Auftraggeber immer mit seinen Entwürfen zufrieden, wäre nicht der ausdrückliche Wunsch des Großherzogs gewesen, dass das neue Schloss in einem Stil einer vergangenen Epoche zu errichten sei. Damit befand sich der mecklenburgische Landesvater in guter Gesellschaft, denn in diesem Jahrhundert errichtete man zahlreiche Gebäude, bei denen man den Stil vergangener Epochen nachahmte. Heutzutage kennt man das damalige Phänomen auch als Historismus. Demmler war von diesem Detail seines Auftrages nicht gerade begeistert, da er lieber zeitgemäße Bauwerke errichten wollte.

Nachdem er seinem Auftraggeber zwei Entwürfe vorlegte, welche aber kategorisch abgelehnt wurden, erteilte Friedrich Franz II. dem bekannten Architekten Gottfried Semper einen Auftrag ebenfalls einen Entwurf für den Schlossneubau zu erstellen. Semper, der unter anderem für die Errichtung der Semper-Oper in Dresden bekannt wurde, konnte aber auch nicht den Großherzog von seinem Entwurf überzeugen. Das Chateau Chambord, im Tal der Loire gelegen, brachte Demmler bei einer Studienreise durch Frankreich, auf der er den Stil der zahlreichen Schlösser studierte, auf die richtigen Ideen. Chambord, das ehemalige Jagdschloss des französischen Königs Franz I., war seinerzeit das Sinnbild von Schönheit und Eleganz und ein Zeichen wirtschaftlicher Potenz Frankreichs, schon anderthalb Jahrhunderte bevor Ludwig der XIV. mit der Errichtung des Schlosses von Versailles sein Königreich fast völlig ruinierte. Während Franz I. den deutschen Kaiser zutiefst beeindruckte, der das unfertige Gebäude bei einem Besuch besichtigte, konnte Demmler mit seinem vierten Entwurf, bei dem einige Details aus dem Bauplänen Sempers übernahm, den mecklenburgischen Großherzog nun endlich überzeugen.

Um mit dem Neubau des Schlosses beginnen zu können, musste ein Teil der mittelalterlichen Gebäude auf der Schlossinsel abgetragen werden. Bei der Erstellung der Baupläne für das neue Schloss konnte Demler Großherzog Friedrich Franz II. überzeugen, einige Gebäude des ursprünglichen Schlosses zu erhalten. Diese Gebäude des Schlosses kann man auch heutzutage gut erkennen, da sie sich vom Baustil deutlich vom Rest des Ensembles unterscheiden. Wenn man bei einer Besichtigung der Anlage um das Schweriner Schloss herum geht, dann wird man auf der Ostseite neben der neogotischen Fassade der Schlosskirche das Bischofshaus beziehungsweise das Neue Lange Haus erkennen, welche einst Herzog Johann Albrecht I. bei seinem Schlossumbau in der Mitte des 16. Jahrhunderts mit zahlreichen kunstvoll gestalteten Terrakottaplatten gestalten ließ. Die mecklenburgischen Herzöge nutzten damals dieses Stilelement der Terrakottaplatten für die Gestaltung ihrer Schlossbauten recht häufig. Ein weiteres gut erhaltenes Bauwerk aus kann man bei einem Bummel durch die historische Altstadt von Wismar sehen, wo sich der Fürstenhof befindet, in welchem die mecklenburgischen Herzöge bei ihren Aufenthalten in der Hansestadt residierten.

Auch im Inneren des Schweriner Schlosses ist der Schmuck aus Terrakotta erhalten geblieben. Bei einem Rundgang durch das Schlossmuseum passiert man auch die Räumlichkeiten der ehemaligen Hofdormitz, in welcher man heutzutage eine Ausstellung mit historischen Waffen besichtigen kann. Die Hofdormitz gehörte zu den wenigen Räumen des Schweriner Schlosses, welches man in früheren Jahrhunderten beheizen konnte. Der große Raum diente seinerzeit als Festsaal, in welchem sich die Hofgesellschaft des Schweriner Herzoghauses bei angenehmeren Temperaturen ihre Feierlichkeiten begehen konnten. Dementsprechend aufwendig und repräsentativ fallen die Gestaltungselemente aus Terrakotta aus, die an der Gewölbedecke und den Säulen der Hofdormitz angebracht wurden. Ursprünglich waren die schmückende Raumelemente sogar noch vergoldet.

Vergoldet ist heutzutage noch der prächtige Sternenhimmel, welcher sich an der Gewölbedecke der Schlosskirche befindet. Das Gebäude der Schweriner Schlosskirche selbst geht auf einen Bau zurück, den einst Johann Albrecht I. bei seinem angefangenen Schlossumbau errichten ließ. Das Besondere bei dieser Kirche ist die Tatsache, dass man die Räumlichkeiten speziell für den Gottesdienst der evangelische Lehre gestaltete und die Schweriner Schlosskirche somit zur ersten evangelischen Kirche des Herzogtums Mecklenburg wurde. Die Gestaltung der Kirche ist aber nicht mehr vollständig in der Art und Weise vorhanden, in der sie einst errichtet wurde. Die Kanzel und die Emporen sind im Gegensatz zum großen marmornen Altar aus dem Jahre 1561, der vom Bildhauer Simon Schröter aus Torgau gestaltet wurde, noch heutzutage vorhanden. Der Altar selbst wurde beim Umbau der Schlosskirche entfernt und kann heutzutage in der Ausstellung des Schweriner Schlossmuseums besichtigt werden. Nach dem Umbau des Schlosses durch Herzog Friedrich Franz II. stellte man einen neuen Altar in den angefügten Chor, welcher nicht so dominant ausfiel, wie der ursprünglich vorhandene Altar.

Schweriner Schloss

Schweriner Schloss

Den angefügten Chorraum der Schlosskirche kann man auch von Außen gut erkennen, denn mit dem Grau der neogotischen Fassade fällt dieser Teil des Schweriner Schlosses deutlich von den übrigen Teilen des Gebäudes auf. Bei einer Besichtigung des Schlosses sollte man auch die Kirche nicht vergessen. Ein Blick nach Oben präsentiert den Besuchern den Schweriner Sternenhimmel. Dieser Sternenhimmel besteht aus 8758 vergoldeten Sternen, die auf einem strahlend blauen Hintergrund aufgebracht sind. Die genaue Anzahl der Sterne wurde durch die Sanierung der Schlosskirche bekannt, bei der man als freigiebiger Spender Pate eines der unzähligen Sterne werden konnte. Auch die Geschichte des mecklenburgischen Herzogshauses wurde durch die Neugestaltung durch Friedrich Franz II. hier wieder lebendig, denn eines der Kirchenfenster zeigt ein Bild der Taufe von Pribislav, welcher der erste Fürst von Mecklenburg wurde. Sein Grab befindet sich übrigens im Münster von Bad Doberan, welches eines der bedeutendsten Backsteinbauten Mecklenburg-Vorpommerns darstellt.

Georg Adolf Demmler konnte das Schweriner Schloss aber nicht vollenden wie er es geplant hatte. Nachdem er aus politischen Gründen beim Herzog in Ungnaden fiel, beauftragte man Friedrich August Stüler mit der Fertigstellung des Schlosses. Stüler war wie Demmler ein Schüler von Karl Friedrich Schinkel und zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Baumeister des Königreiches Preußen, welcher überall im Land seine architektonischen Spuren hinterlassen hat. In Mecklenburg-Vorpommern errichtete er unter anderem das Neustrelitzer Schloss, welches heute nicht mehr existiert, und die Petrikirche in Altentreptow. Auch beim Schweriner Herzogsschloss hinterließ er seine Spuren. Während nach den Plänen, die man heute im Schweriner Schlossmuseum sehen kann, das Eingangsportal des Schlosses mit einer Laterne geplant war, wie sie die Ecktürme des Schlosses besitzen, veränderte er das Portal recht massiv. Unter anderem erhielt dieses eine vergoldete Prunkkuppel welche mit einer Figur des Erzengel Michael gekrönt wurde. Unterhalb der Prunkkuppel befindet sich ein großes Reiterstandbild das den Obriditenfürsten Niklot darstellt, der einst im Kampf gegen Heinrich den Löwen fiel und als der Urahn der mecklenburgischen Herzöge gilt.

Bei den Innenräumen wirkte übrigens auch der Berliner Architekt Heinrich Strack mit, der zu seinen Lebzeiten die Neubauten in der preußischen Hauptstadt prägte. Eines seiner bekanntestes Bauwerke ist die Berliner Siegessäule, die heutzutage eines der wichtigsten Wahrzeichen von Berlin ist. Im heutigen Schweriner Schlossmuseum kann man die von ihm mitgestalteten Innenräume des Schweriner Schlosses besichtigen. Zum Schlossmuseum gehören neben den Wohnräumen der Herzöge auch die Ahnengalerie und der repräsentative Thronsaal. Die Innengestaltung des Thronsaales ist sehr aufwendig ausgeführt worden, wobei hier teilweise mehr Schein als Sein vorherrscht. Wie auch schon beim Bau vom Schloss Ludwigslust, das zuvor die Residenz der Mecklenburgischen Herzöge war, griff man auf kostengünstiges Baumaterial zurück. Marmor war auch schon zu dieser Zeit nicht gerade billig, so dass die vorhandenen Säulen aus Pappmaschee gefertigt wurden, welches wie die übrigen Gestaltungselemente täuschend echt angemalt wurden, so dass sie aussahen, als ob sie aus diesen edleren Baumaterialien bestehen würden. Der Witz an der Sache ist übrigens der, dass heutzutage die Errichtung des Schlosses mit Marmorsäulen deutlich billiger wäre, als der Bau mit den aus Pappmaschee gefertigten Bauteilen, da diese sehr aufwendig und damit kostenintensiv zu fertigen sind. Echt wiederum ist das auf den Boden aufgelegte Parkett, welches eine sehr aufwendige Gestaltung aufweist.

Orangerie des Schweriner Schlosses

Orangerie des Schweriner Schlosses

Auf dieser Etage des Schlosses befindet sich auch die Ahnengalerie, welche sämtliche seit dem 14. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert hinein regierenden mecklenburgischen Herzöge präsentiert werden. In der sogenannten Beletage befanden sich die Wohnräume der Großherzogin. Hier kann man beim Besuch des Schlossmuseums einige der ehemaligen Wohnräume der Herzogin sowie die Gesellschaftsräume der Herzogsfamilie besichtigen. Das Zentrum der Etage ist das sogenannte Blumenzimmer, das sich im Hauptturm des Schlosses befindet. Von hier aus konnte man über eine Treppe in den Burggarten gelangen, der das Schloss von drei Seiten umgibt. Heutzutage ist der Zugang geschlossen, um in den Burggarten zu gelangen muss man um das Schloss herum gehen. Das Zentrum des Burggartens bildet zweifelsfrei die Orangerie, in welcher in früheren Zeiten die kälteempfindlichen exotischen Gewächse des Schlossgartens winterfest untergebracht werden konnten. Heutzutage befindet sich hier das Schloss-Café. Bei einem Besuch des Schweriner Schlosses sollte man auch die Treppen besteigen, die auf das Dach der Orangerie führen. Von hier oben hat man die beste Position für Erinnerungsbilder vom Schweriner See. Interessant ist auch die künstliche Grotte, welche man bei einer Umrundung des Schlosses passiert.

Ein weiteres Highlight des gesamtem Ensembles ist der südlich der Schlossinsel gelegene Schlossgarten. Bei der Gestaltung dieses Barockgartens orientierte man sich wie auch schon bei der Architektur des Schlosses an französischen Vorbildern. Bei einer Wanderung durch die Gartenanlage sollte man die Anhöhe am Ende des Parks hinaufsteigen. Von hier aus hat man den besten Überblick über die Gesamtanlage, die von einem Kreuzkanal mit zwei Armen dominiert wird. An den Ufern des Kanals positionierte man einige Skulpturen aus Marmor, hinter diesen man Gartenlauben errichtete. Über dieses Gartenlandschaft hinweg sieht man am anderen Ende des Schlossparks die Dächer und Türme des Schweriner Schlosses, das sich malerisch in die Parklandschaft einpasst. Wer bei seinem Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern die Landeshauptstadt Schwerin besucht und dabei das Schweriner Schloss nicht gesehen hat, war nicht wirklich in Schwerin.