Petrikirche Wolgast


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Petrikirche Wolgast

Petrikirche Wolgast


Insgesamt hundertvierundachtig Stufen muss man bewältigen, bevor man von der Aussichtsplattform der Petrikirche den Blick über die Altstadt von Wolgast über den breiten Peenestrom hinweg auf den westlichsten Teil der Insel Usedom genießen kann. Insgesamt ist es zwar nur ein Höhenunterschied von vierzig Metern, den man bei diesem Aufstieg überwinden muss, dafür ist der Weg nach oben aber recht beschwerlich. Das liegt an der recht sehr eng ausfallenden gemauerten Wendeltreppe, die das erste Stück des Aufstieges in den Turm der Kirche führt und zudem relativ kleine Stufen besitzt. Im Turm selbst ist eine Treppenkonstruktion mit Holzstufen vorhanden, über die man dann hinauf bis zur Aussichtsplattform gelangt. Hier in gut vierzig Metern Höhe befindet sich dann ein Umgang um den Kirchturm, von dem sich nun ein ungestörter Panoramablick über die Umgebung der Stadt Wolgast bietet.

Das Dach des Kirchturmes befindet sich nur ein paar Meter höher, wenn man von unten hinaufschaut, kann man das relativ unscheinbare Geländer der Aussichtsplattform sehen, auf der sich einige der gut zwanzigtausend Besucher, die nach Angaben der Kirchengemeinde jedes Jahr auf den den Kirchturm steigen, die Aussicht auf die Insel Usedom genießen. Bei sehr klarer Sicht kann man am Horizont das Ostseebad Trassenheide und das Ostseebad Zinnowitz erblicken, hinter denen sich die Ostsee befindet. Im Norden kann man den Wolgaster Tierpark sehen, der sich im Tannenkamp befindet, während man im Westen auf die Mühlen von Wolgast herabschaut. Wenn man nun den Blick etwas südlicher vom Blauen Wunder ausrichtet und über die Spitze der Insel Usedom schaut, erblickt man dort die Gewässer des sogenannten Achterwassers.

Deutlich weniger Stufen muss man bewältigen, wenn man in die Fürstengruft hinabsteigt, welche das letzte steinerne Zeugnis für die Existenz des pommerschen Herzogshauses in Wolgast darstellt. Von der einstigen Pracht des ausgestorbenen Greifengeschlechtes ist nicht viel mehr übriggeblieben als der Name der Schlossinsel und die sieben Zinnsarkophage, die sich in der Gruft der Petrikirche befinden, die seinerzeit als Hofkirche der Herzöge von Pommern-Wolgast genutzt wurde. Die Gruft, die man inzwischen wieder besichtigen kann, wurde drei Jahre vor dem Tod von Herzog Philipp I. fertiggestellt, der hier zusammen mit seiner Frau Maria von Sachsen seine letzte Ruhestätte gefunden hatte. In der Ausstellung des Pommerschen Landesmuseums in der Hansestadt Greifswald kann man ihn und seine Frau auf dem berühmten Croy-Teppich sehen, wo sie zusammen mit ihrer Hochzeitsgesellschaft abgebildet sind. Einst schmückte dieser imposante Wandteppich das Wolgaster Schloss, heute ist er ein Zeugnis für die Reformation in Pommern, denn Herzog Philipp I. ließ hier die Reformation einführen und sich bei seiner Hochzeit von niemand Geringerem als Martin Luther trauen.

Neben diesen Beiden fand man die Sarkophage von Ernst Ludwig und seiner Frau Sophia Hedwig von Braunschweig-Wolfenbüttel in der Gruft. An diesen Herzog erinnert heute noch der Name des kleinen Ortes Ludwigsburg am Greifswalder Bodden, wo er einst das Schloss Ludwigsburg als Witwensitz für seine Frau Sophie Hedwig errichten ließ. Neben dem Prunksarkophar von Philipp Julius, dem letzten Herzog von Pommern-Wolgast,standen hier auch die Särge von Amalia, der Tochter Phillips, sowie Hedwig Maria, der Tochter Ernst-Ludwigs. Heutzutage findet man hier nur noch die Sakopharge von Sophia Hedwig und die Kindersärge von Maria und Amalia. Die Sarkophage der letzten drei Herzöge von Pommern-Wolgast sowie der Herzogin Maria findet man seit dem Jahre 2006 in der neu hergerichteten Greifenkapelle, die bis dahin als Taufkapelle diente.

Die Fürstengruft der pommerschen Herzöge selbst war jahrhundertelang nicht mehr begehbar, da sie im Jahre 1688 das Opfer rücksichtsloser Grabräuber wurde. Dieser Vorfall löste seinerzeit einen großen Skandal in der Region aus. Die Räuber brachen mitten in der Nacht in das Gewölbe ein, bogen die Deckel der Sakopharge mit Gewalt auf und rissen alles Wertvolle an sich, was die sterblichen Überreste der letzten Angehörigen der pommerschen Herzogsfamilie an sich trugen. Der Anblick muss furchtbar gewesen sein, der sich dem Pfarrer der Kirche am nächsten Morgen bot. Die Särge lagen stark beschädigt auf dem Boden der Gruft, auf dem auch die Gebeine durcheinander zerstreut herum lagen. Der aus den Sarkophargen der Fürstengruft geraubte Schmuck blieb seitdem für immer verschollen. Die Gruft wurde für Jahrhunderte zugemauert und erst wieder im Jahre 1929 mit Einschränkungen für Besucher zugänglich. Die Sarkophage waren damals aber noch in dem Zustand wie nach dem Raub, erst 2002 begann man mit der Sanierung der Gruft und den darin befindlichen Sarkophagen und dem Umbau der Taufkapelle zur Greifenkapelle.

Die Geschichte der Wolgaster Petrikirche ist von einigen Zerstörungen geprägt. Schon der Bauplatz der Kirche wurde seinerzeit durch Bischof Otto von Bamberg durch einen Abriss eines vorher hier befindlichen Tempels geschaffen, der dem slawischen Gott Jarovitt gewidmet war. Bei der Christianisierung Pommerns gingen die Missionare nicht gerade rücksichtsvoll mit den hier befindlichen heidnischen Tempeln um, sie wurden für gewöhnlich dem Erdboden gleichgemacht und meistens eine Kirche an derselben Stelle errichtet. So geschah es auch hier in Wolgast, als er im Jahre 1128 an der Stelle des Tempels eine neue Kirche weihte. Da man zu dieser Zeit für den Bau der Gotteshäuser hauptsächlich Holz verwendete, hielten die Gebäude nicht allzu lange, so dass man um das Jahr 1280 herum damit begann, die alte Kirche abzureißen und an derselben Stelle eine neue Hallenkirche aus Backsteinen zu errichten. Da die Petrikirche auch die Hofkirche der pommerschen Herzöge war, begann man Anfang des 15. Jahrhunderts den Kirchenbau repräsentativer zu gestalten und zu einer dreischiffigen Basilika umzuformen. Der Nordische Krieg brachte im Jahre 1713 große Zerstörungen über die Stadt Wolgast. Große Teile der mittelalterlichen Altstadt wurden durch den verheerenden Stadtbrand vernichtet, wobei die Petrikirche auch ein Opfer der Flammen wurde.

Der große gotische Helm, der einst den Kirchturm schmückte, wurde beim Wiederaufbau mit einem barocken Turmhelm versehen, wie man ihn in ähnlicher Form auf der Marienkirche in Stralsund sehen kann. Dieser hatte seinerzeit eine Höhe von um die fünfundsiebzig Metern, war also deutlich höher als der heutige Kirchturm. Beim Wiederaufbau erhielt die Petrikirche einige sichtbare barocke Gestaltungselemente. Die mittelalterliche Einrichtung ging bei diesem Brand leider verloren. Der berühmte Wolgaster Totentanz, eine vom Wolgaster Reeder Caspar Siegmund Köppe angefertigte Darstellung eines Totentanzes befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in Gertrudenkapelle, welche sich außerhalb der Wolgaster Stadtmauern befand und als Friedhofskapelle genutzt wurde. Er kam erst im Jahre 1868 in die Räumlichkeiten der Petrikirche. Der Wolgaster Totentanz stellt eine Interpretation der mittelalterlichen Holzschnitte von Hans Holbein dem Jüngeren dar. Auf insgesamt vierundzwanzig Bildern, ursprünglich gab es noch ein weiteres, zeigen die Darstellungen die Sterblichkeit der Menschen auf, welche im Leben zwar nicht alle auf einer Stufe stehen, vor dem Tode aber alle gleich sind.

Das fünfundzwanzigste Bild kam im April des Jahres 1920 abhanden, als in der Nacht ein Blitz im Kirchturm einschlug und das Gebäude in Brand setzte. Der Wolgaster Totentanz konnte zum Glück für die Nachwelt, wenn gleich nicht mehr vollständig erhalten werden. Der herabstürzende barocke Turmhelm fiel zum Glück nicht auf das Kirchenschiff, wo er einen größeren Schaden verursacht hätte, sondern auf den Platz vor dem Westportal. Aus Kostengründen erhielt der Turm der Petrikirche beim Wiederaufbau aber keine imposante Spitze, wie sie vor dem Blitzschlag vorhanden war, sondern nur ein recht schlichtes Notdach, welches noch heutzutage das Aussehen des Gebäudes prägt. Im Inneren der Kirche findet man unter anderem eine Wappentafel des pommerschen Herzogshauses und mehrere Votivschiffe. Heutzutage wird die Petrikirche von Wolgast übrigens auch für Konzerte genutzt und gehört zu den Spielstätten des Usedomer Musikfestivals, welches jedes Jahr von Mitte September bis Anfang Oktober auf der Insel Usedom und in Wolgast veranstaltet wird.